Sonntag, 10. April 2016

Wenn ich dich nicht in meinem Leben wüsste



Wenn ich dich nicht in meinem Leben wüsste,
wie sollte ich das Feindliche bestehn:
ich welkte heimatlos und sterben müßte
ich, ohne einen Blick von Gott zu sehn.


Wie ich mich jemals auch verwirren sollte,
du wartest treu auf meine Wiederkehr;
nichts endet glücklich ohne dich, und wollte
ich dich verleugnen, wär' ich selbst nicht mehr.


Ich triebe einsam durch die fernsten Straßen -
daß du in meinem Zimmer lächelnd bist,
errettet mich; im Lampenlaubdach saßen
wir wie geborgen vor dem Daseinszwist.


Ich finde heim zu dir nach allen Fahrten,
die mich entführten auf das fernste Meer,
wenn meine Träume nur dein Bild bewahrten,
wird jeder Tag ein Fest der Wiederkehr.


Wird jeder Abend auf der fremden Küste
nur dein Gestirn an Felsen tanzen sehn . . .
Wenn ich dich nicht in meinem Leben wüsste,
wie sollte ich das Feindliche bestehn?

(Max Hermann Neisse)

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